Die Inflation schien viele Jahre lang kein Thema zu sein. Über einen längeren Zeitraum versuchten die Zentralbanken, das Preiswachstum vor allem durch höhere Löhne anzukurbeln. So wurden die Inflationsziele sogar übertroffen, leider hauptsächlich durch Angebotsfaktoren. Es ist manchmal gar nicht so leicht, die Frage zu beantworten, ob eine hohe Inflation durch steigende Rohstoffpreise verursacht wird, oder ob eine hohe Inflation einen Anstieg der Rohstoffpreise verursacht (da die Anleger versuchen, sich gegen höhere Preise abzusichern). Derzeit können wir aber ganz klar feststellen, dass die steigenden Rohstoffpreise den allgegenwärtigen Preisanstieg bei allen Produkten verursacht haben. In diesem Artikel werden wir entsprechend die Verbraucherpreise und einzelne Rohstoffgruppen in den USA und der Eurozone betrachten.
Direkte Auswirkungen der Rohstoffpreise auf die Inflation
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Konto eröffnen DEMO TESTEN xStation App herunterladen xStation App herunterladenBei der Analyse des Beitrags der Verbraucherinflation haben wir diejenigen Kategorien ausgewählt, die sich leicht und direkt mit den entsprechenden Rohstoffpreisen in Verbindung bringen lassen. Natürlich hängen die Preisveränderungen in diesen Kategorien auch von anderen Faktoren ab, z. B. von den Arbeitskosten. Es ist jedoch nicht zu leugnen, dass die jüngste Zunahme der Bedeutung dieser Kategorien in erster Linie auf die steigenden Rohstoffpreise zurückzuführen ist. Im vergangenen Jahr sind viele Rohstoffklassen um mehrere Dutzend Prozent gestiegen, sodass es nicht verwunderlich ist, dass die ausgewählten Kategorien enorm an Bedeutung gewonnen haben.
Langfristig gesehen sind die Auswirkungen von Kategorien wie Brot, Getreide, Fleisch, Kaffee, Haushaltsenergie und Kraftstoffe für den Verkehr vernachlässigbar:
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In den Vereinigten Staaten macht der gemeinsame Beitrag dieser Kategorien 0,1 Prozentpunkte der durchschnittlichen Inflation von 2% aus
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In der Eurozone beträgt die Auswirkung der Rohstoffkategorien in den letzten 10 Jahren etwa 0,3 Prozentpunkte, wobei die durchschnittliche Inflation bei 1,3% liegt
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Bei der Analyse der oben genannten Daten kann man zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie andere Wirtschaftswissenschaftler kommen - Rohstoffe haben langfristig nur einen begrenzten Einfluss auf die Inflation
Heute ist die Situation jedoch eine ganz andere. Betrachtet man die letzten 12 Monate und insbesondere die Daten für März, so sind die ausgewählten Rohstoffkategorien für etwa 50-60% der Inflation in der Eurozone verantwortlich, während es in den USA 30% sind. Worauf sollte man sonst noch achten?
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Den größten Anteil haben die Energieressourcen, sowohl die für den Hausgebrauch als auch die für die Strom- und Wärmeerzeugung. Die Inflation in dieser Kategorie stieg auf Jahresbasis um fast 100%!
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Die Agrarrohstoffkategorien sind für die Gesamtinflation weniger wichtig, aber ihr Beitrag hat sich im Vergleich zum langfristigen Durchschnitt vervielfacht
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Die Auswirkungen der inländischen Energiepreise sind in den USA viel geringer als in der Eurozone, was jedoch auf die Art und Weise zurückzuführen sein könnte, wie die Kategorien definiert sind. In den Vereinigten Staaten ist die Kategorie „Unterkunft" (hauptsächlich Mietkosten) stark gestiegen, was indirekt auch einen erheblichen Anstieg der Energiepreise zeigt
Es zeigt sich, dass die Auswirkungen der Rohstoffpreise auf die Inflation auf längere Sicht eher begrenzt sind. In Zeiten, in denen die Rohstoffpreise um mehrere Dutzend Prozent steigen, beträgt ihr Beitrag jedoch oft mehr als 50%. Quelle: Macrobond, XTB
Indirekte Auswirkungen von Rohstoffen auf die Inflation
Wir haben gezeigt, dass die direkten Auswirkungen der Rohstoffpreise auf die Inflation auf lange Sicht eher begrenzt sind, aber auf kurze Sicht entscheidend. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass die Rohstoffpreise, insbesondere die Preise für Energierohstoffe, einen starken indirekten Einfluss auf die Kosten in fast allen Wirtschaftssektoren haben. Energie ist zum Beispiel ein wesentlicher Kostenfaktor bei der Brotherstellung und beim Transport. Ein weiteres Beispiel ist Kaffee, der oft von Südamerika, Afrika oder Asien ans andere Ende der Welt transportiert wird. Es gäbe unzählige Beispiele dafür, dass Energie für den Transport benötigt wird. Jerome Powell, Präsident der Federal Reserve, wies kürzlich bei einer Anhörung vor dem Kongress darauf hin, dass jeder Anstieg des Ölpreises um 10 Dollar pro Barrel die Inflation um 0,2 Prozentpunkte ansteigen lässt. Das ist viel, wenn man bedenkt, dass der Anteil der Kraftstoffpreise an der Inflation des Verbraucherpreisindex in den USA und anderen Ländern in der Regel bei 4-5% liegt.
Wir möchten darauf hinweisen, dass neben Energie und Lebensmitteln auch die Preise für Industriemetalle, die das Rückgrat für den Bau von Infrastrukturen und Verkehrsmitteln bilden, steigen. So machen die Preise für Stahl, Kupfer, Aluminium und Nickel schätzungsweise 10% der gesamten Produktionskosten von Autos aus. Berücksichtigt man die steigenden Preise für alle Rohstoffe, die bei der Herstellung des oben genannten Autos verwendet werden, müssen die Kosten für das Endprodukt höher sein.
Ebenso möchten wir daran erinnern, dass bei einer gesunden Wirtschaft höhere Rohstoffpreise nicht unbedingt zu einem Anstieg der Preise für das Endprodukt führen müssen. Dies hängt mit dem Skaleneffekt zusammen. Darüber hinaus geben die Hersteller nicht immer alle Kosten an die Verbraucher weiter. Die Volatilität der Erzeugerpreise ist definitiv höher als die der Verbraucherpreise. Erreicht die EPI-Inflation jedoch extreme Werte wie 30% im Jahr in Deutschland oder 15% im Jahr in den USA, dann muss davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Kosten schließlich an die Verbraucher weitergegeben wird.
Mit anderen Worten: Wenn der Nickel- oder Zinkpreis um 100% steigt, die Wirtschaft aber stabil ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Unternehmen die Kosten nicht an die Verbraucher weitergeben, um deren negative Reaktion zu vermeiden. Wenn jedoch alle Rohstoffe teuer sind und gleichzeitig eine starke Nachfrage besteht, werden die Unternehmen irgendwann versuchen, rentabel zu bleiben, selbst um den Preis, Käufer zu verlieren. Daher kann die Messung der langfristigen Auswirkungen der Rohstoffpreise auf die Inflation irreführend sein. Rohstoffe wirken sich gerade dann am stärksten auf die Inflation aus, wenn diese stark ansteigt, was aus Sicht der Verbraucher der denkbar schlechteste Zeitpunkt ist.
Die Inflation bei den Erzeugern, wo die Auswirkungen der Rohstoffe größer sind, ist viel volatiler. Hochpreisige Rohstoffe können die Produzenten dazu zwingen, die Kosten in noch größerem Umfang an die Verbraucher weiterzugeben. Quelle: Macrobond, XTB
Wie lässt sich die derzeitige Situation nutzen?
Es wird oft behauptet, dass die Inflation die Anleger dazu zwingt, Sachwerte wie Rohstoffe zu kaufen, um ihr Vermögen vor einem Kaufkraftverlust zu schützen. In diesem Fall kann der Anleger entweder einen passiven oder einen aktiven Ansatz wählen. Ersteres kann durch Investitionen in einen ETF (Exchange Traded Fund) oder ETC (Exchange Traded Commodity) erfolgen. In diesem Fall wird kein finanzielles Leverage eingesetzt und es können keine Short-Positionen eingegangen werden, und die Fondsanteile werden während der Öffnungszeiten der Börse, an der sie notiert sind, gehandelt.
Das umfangreichste Engagement in Rohstoffen bietet der iShares Diversified Commodity SWAP UCITS ETF (ICOM.UK im Angebot von XTB), der darauf abzielt, Veränderungen im Bloomberg Commodity USD Total Return Commodity Index nachzubilden.
Der auf dem Bloomberg-Rohstoffindex basierende ETF-Fonds ist stark mit Rohöl korreliert, wenn auch nicht zu 100 %. Dies ist auf die sehr hohe Bedeutung von Rohöl im Rohstoffindex zurückzuführen. Quelle: xStation 5
Natürlich ist es auch möglich, sich direkt an einem Markt zu engagieren, z. B. mit dem ETC Deutsche Börse Commodities GmbH Xetra-Gold Bearer Notes (4GLD.DE), der die Entwicklung des Goldpreises nachbildet. Bei Öl könnte dies der Wisdomtree Crude WTI Crude Oil (CRUD.UK) sein, der nicht nur den Bloomberg-Subindex für WTI abbildet, sondern auch eine Sicherheitsrendite bietet.
Wenn wir einen proaktiveren Ansatz verfolgen, sind auch CFDs auf Rohstoffe eine Option. In diesem Fall steht eine breite Palette von Rohstoffen zur Verfügung, bei denen wir zusätzlich die finanzielle Hebelwirkung nutzen, sowohl Long- als auch Short-Positionen eingehen und 24/5 handeln können. Die beliebtesten Rohstoffmärkte sind Öl (OIL), Erdgas (NATGAS), Kaffee (COFFEE), Weizen (WHEAT) und Kupfer (COPPER).
Es gibt auch eine indirekte Möglichkeit, in diese Gruppe von Vermögenswerten zu investieren. Anleger können Aktien von Unternehmen kaufen, die sich beispielsweise mit der Gewinnung von Rohstoffen befassen, wie die polnische KGHM (KGH.PL), die stark mit den Kupferpreisen korreliert, oder Shell (RDSA.UK), die sehr eng mit den Ölpreisen verbunden ist. Wir können auch „exotischere" Unternehmen finden, die auf Märkten tätig sind, die nicht leicht über Verträge zugänglich sind, wie Lithium Americas Corp. (LAC.US), die mit den Lithiumpreisen korreliert, oder Cheniere Energy (LNG.US), die sich auf LNG-Gas bezieht.
Wie lange kann der Aufwärtstrend anhalten?
Die Wachstumszyklen bei Rohstoffen können sogar 10 Jahre lang andauern. Theoretisch wurde der jüngste Tiefpunkt zu Beginn der Pandemie im März 2020 erreicht. Das würde bedeuten, dass wir erst ganz am Anfang des Aufwärtstrends stehen. Natürlich kann eine ausufernde Inflation auch zu einer Rezession führen, die die Rohstoffpreise nach unten drücken könnte. Ein weiterer Faktor, auf den man achten sollte, sind steigende Zinsen, die Anleihen zu einer relativ sicheren und rentablen Anlage machen könnten. Es sollte jedoch bedacht werden, dass die Rohstoffpreise von vielen Faktoren beeinflusst werden, die dazu führen können, dass die derzeitigen Trends noch viele Jahre lang anhalten werden.
Der Anteil der Energierohstoffe am weltweiten BIP ist sehr hoch und hat in den letzten Jahren zugenommen, was darauf hindeutet, dass Preisänderungen bei dieser Anlageklasse in naher Zukunft erhebliche Auswirkungen auf die Inflation haben können. Die Preise einiger Rohstoffe nähern sich ihren Allzeithochs, die wichtigsten liegen jedoch noch weit unter ihren Rekordwerten. Quelle: Bloomberg, XTB
Maximilian Wienke, CFTe
Marktanalyst bei XTB
maximilian.wienke@xtb.de
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